Gemeinsam mit hochrangingen Vertretern von 19 Mitgliedsunternehmen machten wir uns auf die Reise nach Tel Aviv zu unserem Partner SOSA FinTLV. Ziel war es, das israelische Startup-Ökosystem zu erkunden und mit Experten und Startups über Trends und Entwicklungen zu diskutieren. Patrick Prüss, Leiter Produktmanagement Haftpflicht/Unfall & Digital Officer bei der Gothaer Versicherung, teilt in diesem Blogbeitrag seine persönlichen Eindrücke von der Reise mit uns.
Israel – was verbindet man als erstes mit diesem kleinen Land, das gerade mal so groß wie Hessen ist? Die wenigsten wohl ein Land mit einer der lebendigsten und prosperierenden Startup-Landschaften jenseits des Silicon Valleys. So ging es mir auch, aber ich wurde eines Besseren belehrt. Doch wie kommt es, dass ausgerechnet Tel Aviv zu den Startup-Metropolen der Welt zählt? Zum einen ist Israel ein kleines Land mit nur 8 Mio. Einwohnern. Anders als US-Startups, die einen großen Markt innerhalb der eigenen Landesgrenzen zur Verfügung haben, sind Israels Hightech-Schmieden von der ersten Sekunde an darauf angewiesen, über die Kunden in der Heimat hinauszudenken. Des Weiteren dienen die meisten Israelis in der Armee, die als sehr innovativ und weltweit als Vorreiter in den Bereichen Hightech und Cybersicherheit gilt. Somit bieten die IT- und Cyber-Einheiten der israelischen Armee – vor allem die Geheimdiensteinheit 8200 – ein hervorragendes Fundament für die Gründung innovative Startups. Und diese Chance nutzen viele der innovativen Köpfe auch!
Aber was hat das Ganze mit unserer als verstaubt geltender Versicherungsbranche im beschaulichen Deutschland zu tun, fragen sich einige…
Doch die Branche in Deutschland ist nicht so verstaubt, wie man von außen annimmt. Es tut sich etwas in Deutschland, was die Existenz und der Erfolg des InsurLab Germany unterstreicht. So kam es, dass wir uns gemeinsam auf den Weg machten – ein bunter Haufen aus 18 Digitalisierungsexperten, Innovationsmanagern und Spezialisten für die digitale Transformation in den Business Lines verschiedener InsurLab Germany Mitgliedsunternehmen. Unsere Gemeinsamkeit ist, dass wir alle das Potenzial der Digitalisierung erkannt haben und uns zusammen in das uns unbekannte Land aufmachen wollten, um dort neue Firmen für Projekte kennenzulernen lernen. Das Insurlab Germany ermöglichte uns diese Reise in Zusammenarbeit mit dem in Tel Aviv ansässigen Startup-Hub SOSA FinTLV, ein starker Partner der Initiative.
Wenn man eine Reise tut…
Nach 4 Stunden Flug und einigen Sicherheitschecks setzten wir unseren Fuß auf israelischen Boden. SOSA FinTLV hatte uns nicht zu viel versprochen: schon am ersten Tag lernten wir sieben tolle Startups kennen, diskutierten ihre Lösungen sowie Potenziale und Einsatzmöglichkeiten auf höchstem Niveau. „Spooky“, aber technisch sehr ausgereift erschien mir der Chatbot von voca, der auf Basis künstlicher Intelligenz funktioniert. Es hat mir zwar auch etwas Angst gemacht, wie der Bot Kunden anrufen und gespenstisch ganze Terminvereinbarungs- und Inkassogespräche führen konnte, aber es war nicht weniger faszinierend.
Oder auch Heat ist nicht zu verachten. Ein Startups, das mit „Document Intelligence“ Schriftstücke auf Inhalte durchsuchen kann. Für unser Projekt zum Aufbau eines digitalen Ökosystems rund um Versicherung via Foto war dies ein höchst willkommenen Shortcut.
Spannend für meine Kollegen aus dem zentralen Digitalisierungsteam wird auch SecuPi sein, die ein Overlay für Cybersecurity mehrerer Devices (Mobiles, Rechner etc.) bieten. Das Tempo und vor allem die Qualität der Pitches der Startups war atemberaubend und überstieg meine Erwartungen!
Am Abend folgte eine Roundtable-Discussion über die Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmen und wie man diese steigern könnte. Eine spannende Diskussion, die perfekt in den Abend führte. Leider konnte ich die als Partystadt bekannte Abendszenerie Tel Avivs nicht ausnutzen, da es für mich am nächsten Tag gleich non-stop mit einem Anbieter dreidimensionaler Stadtaufnahmen los ging und weitere 4 Startups folgten.
Der zweite Tag in Tel Aviv
Auch die Qualität der Lösungen des zweiten Tages war hervorragend. Herausragend am zweiten Tag waren aus meiner Sicht Mosaics. Als Anbieter eines Interfaces mit integrierter Botlösung bieten sie ein riesiges Potenzial für Versicherer mit vielen Legacy-Themen. In unserem Fall wären sie ideal, um unser modernes, aber komplexes System mit einer Schnellbootlösung zu verheiraten, ohne Unsummen investieren zu müssen. Geschäftsführer des InsurLab Germany, Sebastian Pitzler, und der Managing Director von SOSA FinTLV, Gil Arazi, zollten andere und auch ich noch während der Veranstaltung große Anerkennung für zwei wertvolle InsurTech-Tage und die Chance, zu Hause direkt die israelischen Firmen für Projekte zu gewinnen. Der wahre Wert dieser Kontakte wird sich erst in den kommenden Monaten erschließen, aber die Lernerfahrung kann uns keiner mehr nehmen.
Ein würdiger Abschluss
Für einige begann der Aufbruch schon früh. Aber wir anderen hatten noch etwas Zeit, die Stadt zu erkunden und am nächsten Tag einen Ausflug nach Jerusalem zu machen – ein MUSS, wenn man den Weg nach Israel bereits gemacht hat. Für uns Übriggebliebene hatte SOSA einen Guide organisiert, der Geschichten über humanistische, jüdische und christliche Konzepte und Traditionen unvergesslich in eine Tour durch die Zeit integrierte. (Zu diesem Zeitpunkt drohte mir fast ein „Information Overload“, durch die Eindrücke der zwei Tage, der an Weisheit grenzenden Erläuterungen des Guides und der unfassbare Atmosphäre – sowohl in Jerusalem als auch bei SOSA FinTLV in Tel Aviv).
Die Reise half uns deutschen Versicherern sehr, näher an israelische Startups heranzurücken und alle teilnehmenden Mitglieder können nun die Chance ergreifen, ab Montag neue Projekte zu starten oder neu geschlossene Bekanntschaften weiter auszubauen.
„Und die Sicherheit?“, fragen sich bestimmt einige. Dazu kann ich nur folgendes sagen: Erstens fühlte ich mich immer sicher und zweitens, die größte Gefahr meiner Teilnahme bestand wohl in einer Sehnenscheidenentzündung vom vielen Mitschreiben (anbei ein Eindruck).
Über den Autor: Patrick Prüss leitet bei der Gothaer Allgemeinen das Produktmanagement Haftpflicht/ Unfall und kümmert sich als Digital Officer um die digitale Transformation hin zu einem digitalen Service- und Risikopartner.