Miss Moneypenny Technologies hat kürzlich eine Finanzierungsrunde abgeschlossen, um das Wachstum ihrer Plattform Wallet Studio zu beschleunigen – eine Erfolgsmeldung, die nicht nur beeindruckt, sondern auch neugierig macht. Denn mit Wallet Studio hat das Start-up eine Technologie auf den Markt gebracht, die digitale Kommunikation in der Versicherungsbranche neu denkt – einfach, direkt und ohne IT-Hürde. Wir haben mit Mitgründerin und CEO Anna Bojic über die Ziele nach der Finanzierungsrunde gesprochen, über die Rolle kontextbezogener Kommunikation, den Einsatz von Wallets als neuen Kundenzugang und darüber, wie Versicherer trotz Fachkräftemangel wirkungsvolle Touchpoints schaffen können.
Herzlichen Glückwunsch zu dieser wirklich beeindruckenden Finanzierungsrunde! Könnt ihr uns verraten, wie ihr diese Investition nutzen wollt, um die Zukunft der digitalen Kommunikation zu revolutionieren? Welche besonderen Auswirkungen können wir für die Versicherungsbranche erwarten?
Vielen Dank, wir sind auch sehr stolz darauf, dass uns das in diesem Markt so schnell gelungen ist! Die Finanzierung gibt uns die Mittel, genau dort weiterzuentwickeln, wo digitale Kommunikation heute noch an ihre Grenzen stößt. Viele Versicherer haben in den letzten Jahren viel investiert und umfangreiche Ökosysteme mit Portalen, Apps und CRM-Systemen etabliert, aber es fehlt ein direkter, friktionsfreier Kanal, der Kund:innen wirklich erreicht und all diese Systeme an einem Punkt zusammenbringt. Genau hier setzt Wallet Studio an. Unsere Plattform schafft einen direkten, dauerhaft verfügbaren Touchpoint über Apple Wallet und Google Wallet – ohne zusätzlichen App-Download, Registrierung oder Login. Das senkt Prozesskosten, erhöht die Nutzung bestehender Services und schafft Nähe, wo vorher Distanz war.
Wir haben Wallet Studio in den letzten Jahren so entwickelt, dass Versicherer mit minimalem IT-Aufwand starten können. Das entlastet die Technikteams und beschleunigt echte digitale Transformation. Jetzt investieren wir gezielt, um die vorhandenen Ökosysteme unserer Partner noch stärker zu unterstützen – sowie in KI-gestützte Tools, mit denen Fachabteilungen Kommunikation noch einfacher aufsetzen und optimieren können. Unser Ziel ist es, die Versicherungsbranche in die Lage zu versetzen, mit sehr geringen Aufwand das volle Potential dieser potenten Technologie auszuschöpfen.
Eure Wallet-Lösungen ermöglichen es Unternehmen, direkt mit Kund:innen zu kommunizieren – ganz ohne eigene App. Könnt ihr Beispiele nennen, wie diese Technologie bereits heute das Kund:innenerlebnis und die Prozesseffizienz in der Versicherungsbranche verbessert?
Unsere digitalen Versicherungskarten ergänzen bestehende Systeme wie Portal oder Callcenter und existierende Services, die in Apps angeboten werden. Sie schließen die Lücke im Alltag der Kund:innen und schaffen eine einfache, barrierefreie Kommunikationsschnittstelle. Im Kfz-Bereich etwa nutzen Versicherer Wallet Studio, um automatisch an den Winterreifenwechsel zu erinnern oder bei drohendem Hagel eine Warnung zu senden. Das reduziert Schäden und vermittelt Kund:innen das Gefühl dass ihr Versicherer da ist, wenn es drauf ankommt.
Im Schadensfall wiederum ermöglicht die digitale Versicherungskarte, sofort die eigenen Versicherungsdaten an Unfallbeteiligte weiterzugeben und digital in den Schaden-Prozess einzusteigen. Kein Warten, keine Verunsicherung, kein Chaos, sondern einfacher Zugang, einfache Informationsbereitstellung und proaktive Kommunikation und Prozesssteuerung. Und das Callcenter wird bewusst dort einbezogen, wo es Kund:innen etwas gibt, das kein Bot und keine digitale Oberfläche ersetzen kann: menschliche Wärme.
Ein anderes Beispiel aus dem Reisebereich: Viele Versicherer bieten medizinische Assistance im Ausland. Aber die Services werden kaum genutzt, weil Kund:innen sie im Notfall nicht finden. Über die Wallet Karte sind sie mit einem Tap verfügbar, genau im richtigen Moment und ohne technische Einstiegshürden. So wird Kommunikation plötzlich wirksam und senkt gleichzeitig Kosten.
Der Weg von der Idee bis zur erfolgreichen Umsetzung eines Produktes ist sicherlich voller Herausforderungen. Könnt ihr uns von einer besonderen Herausforderung oder einem einschneidenden Ereignis erzählen, das euch als Team geprägt hat? Wie habt ihr diese Situation gemeistert?
Eine zentrale Herausforderung war es, nicht nur eine gute Technologie zu bauen, sondern eine Lösung, die in der Realität von Versicherern funktioniert. Wir haben früh erkannt, dass technische Abteilungen oft überlastet sind und dass Fachabteilungen zwar motiviert und voller Ideen sind, diese aber oft nicht schnell genug umgesetzt werden können. Schnelles Testen, Lernen, Anpassen? Kaum möglich. Die Dynamik geht verloren.
Hinzu kommt dass viele Unternehmen mitten in der Umstellung ihrer Bestandssysteme stecken. Dann heißt es oft, man könne erst wieder handeln, wenn das neue Kernsystem steht. Das kann Jahre dauern. Oder sich in eine Richtung entwickeln, die später wieder korrigiert werden muss. Für Fachabteilungen, die konkrete Herausforderungen lösen wollen, ist das ein echtes Problem und für das Geschäftsmodell eines Startups ist das eine gefährliche Hürde.
Deshalb haben wir Wallet Studio so gebaut, dass Fachabteilungen unabhängig starten und skalieren können, auch im Zusammenspiel mit anderen Teams. Wir wollten die wiederkehrende Hürde „Wir würden ja gern schneller starten, aber es fehlt die IT-Kapazität“ dauerhaft aus dem Weg räumen. Entstanden ist ein tech-freies Launchpad, das einige unserer Kund:innen inzwischen seit Jahren erfolgreich nutzen, für schnelle Piloten genauso wie für großflächige Rollouts.
Auszubrechen aus der Logik, dass B2B-SaaS immer mit komplexer API-Anbindung beginnt, war ein Mindshift. Und genau dieser Perspektivwechsel prägt heute unser gesamtes Denken: Wie können wir Dinge radikal einfacher machen, ohne auf Wirkung zu verzichten?
Welche Trends und Technologien seht ihr für die kommenden Jahren? Wie bereitet sich Miss Moneypenny Technologies auf diese Herausforderungen und Chancen vor?
Ein klarer Trend ist die Erwartung an Kommunikation: Sie soll kontextbezogen, relevant und in Echtzeit erfolgen, Komplexität reduzieren und Prozesse vereinfachen. Gleichzeitig beobachten wir, dass es für viele Unternehmen zunehmend schwieriger wird, diese Kommunikation effektiv zu gestalten. Der Fachkräftemangel steigt stetig. Die Ressourcen in den Fachabteilungen sind begrenzt und Anforderungen steigen.
Wir investieren daher gezielt in KI-gestützte Funktionen, die Fachabteilungen dabei unterstützen, Inhalte schneller zu erstellen, auszuspielen und weiterzuentwickeln. Das erfolgt auf Basis erprobter und lernender Muster, aber immer so, dass fachliche Kontrolle und inhaltliche Verantwortung erhalten bleiben. Ziel ist es, mit möglichst geringem Aufwand eine hohe Wirkung zu erzielen.
Darüber hinaus sehen wir großes Potenzial in der Vernetzung: Wallet Studio wird in Zukunft noch stärker mit Bestandssystemen, Portalen und Messaging-Lösungen zusammenspielen, um eine konsistente, datenbasierte Kommunikation und Prozesssteuerung über alle Kanäle hinweg zu ermöglichen.
Was würdet ihr (angehenden) Gründer:innen empfehlen, die in der Tech- und Versicherungsbranche Fuß fassen wollen? Wie wichtig sind in dem Zusammenhang Innovations-Hubs und wie wirken sich solche Communities auf die Skalierung aus? Und gibt es bestimmte Learnings, die für euch besonders wertvoll waren?
Wer in der Versicherungsbranche etwas bewegen will, braucht vor allem Geduld und echtes Interesse an den Prozessen, Denkweisen und Herausforderungen dieser komplexen Branche. Es reicht nicht, nur gute Technologie zu liefern. Man muss verstehen, wie Entscheidungen getroffen werden, wie Projekte funktionieren und welche Kompromisse notwendig sind.
Innovations-Hubs und Communities wie das InsurLab spielen dabei eine zentrale Rolle. Ohne das InsurLab gäbe es Wallet Studio in dieser Form nicht. Die Kopplung von Pilotprojekten mit Mentorship, war für uns der Schüssel zum Erfolg. Unsere Mentoren kamen direkt aus der Praxis, brachten den Blick von innen mit, waren bereit, gemeinsam Neues zu gestalten und wirklich in die Umsetzung zu bringen.
Wir hatten das große Glück, direkt mit der R+V Versicherung und der Rheinland Versicherung in erste Projekte zu starten. Aus dieser Zusammenarbeit auf Augenhöhe sind nicht nur die ersten Erfolge entstanden, sondern auch das tiefe Verständnis dafür, was die Branche wirklich braucht. Auf diesem Fundament konnten wir etwas bauen, das heute für viele Versicherer funktioniert. Ohne das InsurLab, das uns mit Struktur, Wissen und echtem Rückhalt unterstützt hat, wäre dieser Weg so nicht möglich gewesen.
Unser größtes Learning? Wenn man bereit ist, sich wirklich auf die Branche einzulassen, entsteht nicht nur ein Produkt, sondern Partnerschaft, mitunter sogar Freundschaft. Und damit die Chance, gemeinsam die Industrie zu verändern.
Anna Bojic, vielen Dank für das Interview – wir wünschen euch auf jeden Fall weiterhin viel Erfolg!