Eine Nachricht, die im Herbst 2022 für große Aufmerksamkeit in der Versicherungsbranche und darüber hinaus sorgte: Der etablierte Versicherer HDI und das InsurTech Neodigital haben sich zusammengetan, um gemeinsam in einem innovativen Co-Coding-Ansatz eine moderne Schadenplattform zu entwickeln. Diese soll eine schnellere Schadenbearbeitung ermöglichen. Die Entwicklung findet in Coopetition statt – einem vor allem in der Versicherungsbranche noch seltenen Ansatz. Durch Coopetition werden für beide Seiten strategische Vorteile realisiert und zudem die digitale Customer Journeys für Kundinnen und Kunden verbessert. Ein Ansatz, der nicht nur die Branche und die Fachpresse begeisterte. Auch die Fachjury der InsurLab Germany Collaboration Champion Competition war überzeugt und verlieh beiden den ersten Platz als „Collaboration Champion 2022“.

Die Ausgangslage
Die Schadenplattform ist ein zentrales Kernsystem jeder Sachversicherung und die Basis für eine kundinnen- und kundenorientierte, zügige wie effiziente Schadenregulierung. Wie bei vielen Wettbewerber:innen ist das Schadensystem von HDI ebenso bewährt wie in die Jahre gekommen. Verbraucher:innen orientieren sich heute zudem immer mehr an digitalen Customer Journeys, die sie bei Unternehmen wie Amazon oder Netflix erleben. Der Anspruch der Versicherungsbranche muss es sein, da mithalten zu können – aber genau das kann mit der bisherigen Schaden-Anwendungslandschaft von HDI nicht geleistet werden. Auch Modernisierungsversuche sind in der Vergangenheit oftmals gescheitert. Eine Eigenentwicklung wurde aufgrund der zu erwartenden langwierigen Umsetzung und des hohen Kapazitätsbedarfs verworfen. Der Kauf von Standardsoftware hingegen wäre mit sehr hohen Integrations- und Lizenzkosten sowie Kompetenzverlust verbunden. Was also tun?

Die Lösung
Auf der Suche nach einer Alternative zum klassischen „Make-or-Buy“ schlug HDI gemeinsam mit Neodigital einen innovativen Weg ein: Einen Mix aus Buy (dem Aufsetzen auf der Standardplattform „Neodigital Insurance Factory“) und Make (Entwicklungspartnerschaft im Joint Venture). Der von den Projektbeteiligten liebevoll „B-ake“ genannte Ansatz verbindet das Beste aus zwei Welten: Langjährige Versicherungs-Expertise mit modernster Versicherungstechnologie und innovativen Prozessen. Konkret wird über ein Joint Venture die Schadenplattform inkl. digitaler und automatisierter E2E Customer Journeys für alle Sachsparten der HDI Versicherung auf Basis eines SaaS-Geschäftsmodells bereitgestellt und weiterentwickelt. Dafür wurde die Gesellschaft MachDigital GmbH gegründet.

„Wir bei Neodigital haben uns von Anfang an zum Ziel gesetzt, die Versicherungslandschaft in Deutschland auf ein neues digitales und innovatives Level zu heben. Wir freuen uns sehr, durch die Partnerschaft mit HDI den Kunden und Kundinnen bequeme Lösungen und echte Innovationen anbieten zu können und zudem die digitale Transformation der Versicherungsbranche weiter voranzutreiben.“

Stephen Voss, Vorstand Vertrieb und Marketing der Neodigital Versicherung AG

Die Innovation
Angesichts tiefgreifender Veränderungen, erheblicher Investitionsbedarfe und begrenzter Mittel werden neue, innovative Formen der Zusammenarbeit im Markt gefordert. Traditionelle Großprojekte mit Laufzeiten von 10 bis 15 Jahren sind unkalkulierbar und nicht flexibel genug. So kann nicht schnell genug auf die sich ständig ändernden Kundinnen- und Kundenbedürfnisse sowie Anforderungen im Markt reagiert werden. Zudem sind insbesondere Geschwindigkeit und Beweglichkeit heute entscheidende Faktoren für eine erfolgreiche Transformation. Auf der Suche nach einem innovativen Vorgehensmodell wählten HDI und Neodigital daher einen Ansatz, der im deutschen Markt einmalig ist und auf einer, insbesondere in der Versicherungsbranche, aktuell noch selten genutzten Strategie basiert: „Coopetition“ – dem Nebeneinander von Cooperation und Competition.

Um Bürokratie und Steuerungsaufwand zu reduzieren, setzte man gemeinsam und geschlossen auf Agilität und Selbstorganisation: Im Joint Venture wurde ein gemeinsames Umsetzungsteam gebildet, das auf Basis des bei HDI bereits etablierten agile@HD-Modells sowie der Start-up-Mentalität von Neodigital mit hoher Autonomie und minimal-invasiv die neue Schadenplattform in schnellen Iterationszyklen implementiert.

„Wir freuen uns, unseren Schadenservice durch das Joint Venture weiter zu verbessern. Unsere Kundinnen und Kunden profitieren so von unserer langjährigen Expertise und der Kombination von modernster Versicherungstechnologie und Marktinnovationen. Das Beste aus zwei Welten also!“

Dr. Adam Melski, Geschäftsführer der MachDigital GmbH und bei HDI zuständig für die Schaden-Anwendungslandschaft

 

Die Geschichte und Gründe der Zusammenarbeit
HDI und Neodigital sind sich als Mitglieder des InsurLab Germany bereits in 2020 nähergekommen und haben seit 2021 intensive Austauschrunden zur potenziellen Kollaboration geführt. Diese mündeten in der Gründung des Joint Ventures und damit der MachDigital GmbH im September 2022. Die Gründe für den gemeinsamen Co-Coding Ansatz waren naheliegend:

  • Die Insurance-Plattform von Neodigital ist ausgereift und state-of-the-art. Ein erfahrenes Entwicklerteam hat die Plattform aufgebaut und kontinuierlich an die Anforderungen des Marktes angepasst. Neodigital ist ein InsurTech, hat aber den Status des Start-ups erfolgreich hinter sich gelassen.
  • Die Insurance Factory ist seit Jahren erfolgreich produktiv im Einsatz – mit hoher Automatisierung.
  • Die Ausrichtung am Neodigital-Standard hilft HDI, Komplexität in den Prozessen zu reduzieren und „alte Zöpfe abzuschneiden“.
  • Die Zusammenarbeit ist ein Baustein, um den Kulturwandel bei HDI voranzutreiben. Im Rahmen der Strategie „GO25“ hat sich der HDI vorgenommen, sich selbst „zum Mittelständler im Herzen“ zu transformieren. Neodigital ist genau das, ein Mittelständler.
  • Nicht zuletzt war eine Partnerschaft wie das Joint Venture auch finanziell attraktiv.

Der Ausblick
Nach der Erarbeitung eines Minimum-Viable-Products im Bereich der Kfz-Glasschadenprozesse ist der Ausbau für weitere Sparten geplant. Langfristig wollen beide Beteiligte die bisherige Schaden-Anwendungslandschaft von HDI durch die moderne Schadenplattform vollständig ablösen und die Kundinnen- sowie Kundenzufriedenheit durch exzellenten Schaden-Service auf Basis digitaler Customer Journeys steigern. Perspektivisch soll die Plattform zudem auch interessierten Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt werden, da man hier großes Potenzial im Markt sieht.